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  • AutorenbildChristian Paulus

Der dritte Teil der Haderlumpentrilogie

Aktualisiert: 13. Mai 2020

Parallel zu den Aquarellen der sogenannten Schiffschaukelbremser war ein Text entstanden der sich im Wesentlichen mit den städtebaulichen und architektonischen Entwicklungen der Stadt Ingolstadt beschäftigt. Ende des Jahres 2019 waren es mehr als 50 Seiten, die langsam ihre Reihenfolge und Ordnung fanden und in einem drittem und letzten Buch der Haderlumpentrilogie münden hätten sollen. Der Inhalt war so gegliedert:

Beginnend beim keltischen Oppidum in Manching hatte ich mich vorher durch die Antike geackert, und unter anderem die Justinianische Pest abgehandelt. Für die Zeit des Mittelalters hatte ich eine Reihe von händisch gezeichneten Entwicklungsstadien der Wehranlagen der Stadt angefügt, und die Pest bzw. der schwarze Tod wurden natürlich auch angeführt, bzw. deren Auswirkungen in Europa.


Erste Stadtmauer (die vier Türme)

Zweite Stadtmauer (die Stadt mit den "100" Türmen)


Bei den Bildtafeln hätte man die Entwicklung der Stadtgeschichte zusätzlich zum Text ablesen können - bis in unsere Neuzeit hinein. Ende des Jahres 2019 konnte ich Frau Renate Preßlein-Lehle überreden mir bei den Korrekturen zu helfen - aber auch um grobe Schnitzer zu vermeiden: Bei der Masse an historischen Daten wurde es immer schwieriger seinen eigenen Stil zu finden und auch beizubehalten. Die Aquarelle dazu hätten im Anhang folgen sollen, wie zum Beispiel, die Ingolstädter Zeitung. Dazu der folgende Text:

"21 Die Bibliothek des W. Reissmüller

In Zeiten der sehr meinungsfreudigen digitalen Revolution heißt es ja immer, es würde nichts verloren gehen - das Internet, die größte Bibliothek, an der die Menschheit je gewerkelt hat, vergisst nichts. Das gleiche galt aber auch schon für analoge Druckerzeugnisse: An Weihnachten 1938 waren im Donauboten folgende Zeilen zu lesen:


„Danken wir dem Führer … er hat uns auch das Weihnachtsfest wiedergegeben.“


Dahinter folgende Initialen: W.R. 1911 in Süßen geboren, studierte er unter anderem in München und lernte dort die gebürtige Ingolstädterin Elin Liebl. kennen. Ein gesellschaftlicher Aufstieg begann, 1937 heiratete man und im selben Jahr wurde Wilhelm Reissmüller in der Verlagsleitung begrüßt. 1939 wurde er bei der Wehrmacht eingezogen. Bis Ende des Krieges blieb er allerdings der Verlagsleiter, des Donauboten. Nach Kriegsende 1949 hatte Wilhelm Reissmüller die Verlagsräume in der Kernstadt am Stein 17 als Mitherausgeber bezogen, dann seit 1951 war er wieder Eigentümer eines freien Verlags und konnte 1954 ein neues Gebäude in der Donaustraße eröffnen. Die Redakteure, Journalisten und Schriftsetzer bekamen wieder Arbeit und die Druckerpressen rotierten fleißig. Der vielseitige Maler, Zeichner und Bildhauer ging einen neuen Weg: Die Formensprache des Gebäudes kündete bereits vom Neuen internationalen Stil. Eine durchgehende transparente Zone im Erdgeschoss und eine Lochfassade, die mit der Donaustraße eine kleine Biegung mitnahm, oben auf der Schriftzug DONAU KURIER. An diesem Verlag und seinem Verleger kam jetzt keiner mehr vorbei, unter anderem hatte er Bürgermeister Listl ans Ruder bzw. an die Macht gebracht. Der König ohne Krone hatte an der Schutter eine neue Residenz bezogen. In der berüchtigten Villa am Aloisiweg begann er die Fäden zu ziehen, hier war sein Atelier und die Bibliothek untergebracht. Eine übervolle Bibliothek allerdings, in die man nur in gebückter Haltung durch einen sehr niedrigen angebrachten Türsturz gelangte! Hier verkehrten jetzt die Politiker und Gestalter, die er dann wohlwollend erwähnte - oder eben nicht. Wer nicht erwähnt wurde, war nicht vorhanden bzw. existierte nicht. Unter der Regie von Siegfried Hoffmann entstanden zwei mächtige Bände über Ingolstadt. Im Geleit von 1974 notiert der Verleger W. Reissmüller: „... Der Stadt Ingolstadt, in der mein persönliches Lebensschicksal, wie eine Spur Sand mitverwirkt ist, widme ich dieses Werk.“ Im Juni 1978 wurde die Zeitschrift „der Spiegel“ auf den Ingolstädter Verleger aufmerksam und veröffentlichte dessen dunkle Vergangenheit, die Amerikaner hatten das ehemalige NSDAP-Mitglied allerdings als entlastet eingestuft. 1979 war es wieder eng geworden im Verlag und Reissmüller verlegte den Donau Kurier weiter südlich über den Grundmauern der Fronte Becker, die neue Adresse ist seitdem in der Stauffenbergstraße.


Die von Reissmüller selbst geschaffene Brunnenskulptur (1973) vor dem Gebäude stellt eine gotisch polygonal geformte Kreuzblume dar, die von fließendem Wasser durchdrungen wird. Über Weihnachten bei Frost ist die Skulptur verhüllt. Der vielseitige und streitbare Verleger verstarb 1993. Seine Frau Elin folgte ihm 2009. Im folgenschweren Jahr 2015 wurde die Villa in deren Bibliothek sich nicht jeder normal sterbliche aufgehalten haben dürfte abgerissen. "

Aber dann als ich schon mit dem Verlag Kastner über die Kosten und die Stückzahl sprechen wollte, kam mir die aktuelle Krise rund um das Virus dazwischen. Wer also würde sich für etwas derartiges interessieren? Ein Buch über Städtebau und Architektur? Kleine Stückzahl und hoher Preis? Richtig: Niemand.


Zwischenzeitlich bin ich zu dem Entschluß gekommen, eventuell noch ein Kapitel mit den momentan Vorgängen aufzuführen, allerdings wird sich dieses Kapitel eher auf die Bilderwelten unserer Zeit konzentrieren und kritisch Stellung beziehen zu den konventionellen Medien, die ja auch in Wechselwirkung mit den Neuen Medien unseres Informationszeitalters stehen. Bis dahin wird wohl ein Sommer vergehen. Wir werden sehen. Am Ende des Textes war der folgende Schluß geplant: (... ich erinnere mich noch gerne daran wie ich daraus bei einer beliebten griechischen Gastronomin an deren Theke vorgelesen hatte, aber zwischenzeitlich hat sich ja einiges geändert)


(...) "Im Stadtkern, innerhalb der zweiten Stadtmauer, hat sich ein bemerkenswert normales Leben etabliert, während der Corso des täglichen Abendverkehrs mit schweren Reifen durch die Stadt patrouilliert findet man in den vier alten Vierteln nach wie vor ein reges Leben. Freilich hat die glamouröse Fußgängerzone darunter gelitten, Billigläden reihen sich aneinander. Die digitale Revolution macht es dem Einzelhandel schwer. Nur die großen Marken überleben. Trotzdem lohnt sich der Weg vom Paradeplatz vor bis zum Schliffelmarkt. Nicht nur in der Dollgasse findet man gute internationale Restaurants zum Essen und Trinken. Abends sitzt man vor den Gaststätten im Bermudadreieck und kann den Flanierverkehr beobachten der immer wieder ab und zunimmt. Vor den Lokalen stehen junge Leute, starren in ihr Smartphone rauchen oder telefonieren. Jedoch: Die Telefonzellen sind verschwunden und die Antennen auf den Dächern haben Rost angesetzt. (C.P. Januar 2020)"


Wer Interesse an den Bänden Haderlumpen,


... oder Dampfplauderer hat,

... wird in der COLORIA, Poppenstraße 2, 85049 Ingolstadt fündig

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